Entkusseln 2022 – Jahrgang 7 schützt unsere Moore
Ins Moor zum Entkusseln: Für Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule am Wällenberg stand Landschaftspflege auf dem Stundenplan.
Die Kiefer ist an dieser Stelle unerwünscht und wird von den beiden Schülerinnen der Gesamtschule am Wällenberg mit der Säge entfernt. Foto: Carmen Jaspersen
Hambergen. Sie sägten und schnitten, sie schleppten und zogen, die Schüler und Schülerinnen der fünf siebten Klassen von der Gesamtschule am Wällenberg in Hambergen. Einer von ihnen war der 13-jährige Tilman Scharper. „Das wird Spaß machen, auch wenn es anstrengend wird“, sagte er schon im Morgengrauen, als er auf dem Weg ins Springmoor war. Entkusseln stand an zwei Vormittagen auf dem Stundenplan des Siebtklässlers.
Der Begriff Entkusseln kommt aus der Landschaftspflege. Dabei geht es darum, junge Gehölze aus Feuchtgebieten – wie eben den Mooren – abzuholzen. In diesem Fall waren es im Springmoor vor allem Kiefern, im Heilsmoor Kiefern und Birken. Zuerst nahmen zwei siebte Klassen in verschieden Revieren das Springmoor, ein Niedermoor bei Paddewisch, in Angriff. Tags darauf zogen drei siebte Klassen in drei weitere Gebiete.
Kiefern und Birken entziehen einmal dem Boden Wasser und zum anderen verbreiten sie sich enorm. Damit verhindern sie, dass sich im Springmoor die Heide wieder gut entwickeln kann und sorgen dafür, dass im Heilsmoor wieder Torfmoos wachsen kann. Ohne diese Maßnahmen würde in den Mooren ein Wald entstehen.
„Die Torfmoose sind ein CO2-Binder“, sagte der Jäger und „Torfmoosmann“ Ingo Barz. Darüber hinaus könnte sich unter anderem im Heilsmoor der selten gewordene Ziegenmelker oder die Nachtschwalbe wieder ansiedeln. Ebenso biete sich das Heilsmoor für den Kranich als Brutplatz an. Barz weist darauf hin, dass zum Beispiel eine ausgewachsene Birke pro Tag immerhin 300 Liter Wasser verdunstet. Der Jäger verfolgte mit seinem Jagdhund Jago, einem irischen Wasserspaniel, das Abholzen. Er hat unter anderem die Klassen im vergangenen Jahr mit auf die Aktion vorbereitet.
„Moorgras ausgequetscht“
Gut vorbereitet wusste sich Tilman Scharper. Der Siebtklässler hatte das Fach Naturwissenschaft belegt. „Wir haben vergangenes Jahr im Herbst schon mal zur Probe eine Kusselung vorgenommen und Moorgras ausgequetscht.“ Dazu gehört habe ferner ein Rundgang mit mehreren Stationen durch das Moor.
Ausgestattet waren die Mädchen und Jungen mit Astschere, Bügelsäge und Pausenpaket. Die Moorexperten Thomas Köhring, Koordinator, Nabu-Mitglied und Lehrer an der Gesamtschule, Nabu-Mitglied Jürgen Röper und Klaus-Dieter Lüken, Nabu-Mitglied und ehemaliger Lehrer an der Gesamtschule, leiteten die Klassen an. „Die Werkzeuge, wenn ihr sie aus der Hand nehmt, nicht auf die Erde legen, sondern in den Boden stecken“, riet Köhring. So würde man Säge und Astschere sofort wiederfinden.
Für Wanderwege recycelt
Wobei Jago, an Geäst angebunden, neugierig zusah, wie sich am Wegesrand die abgesägten und abgeschnittenen Kiefern türmten. Sobald die Menge des zu entsorgenden Materials bekannt ist, beauftragt der Landkreis ein Unternehmen mit der Entsorgung. Die Bäume werden gehäckselt und teilweise dafür verwendet, Wanderwege auszubessern.
Etwa zwei Jahrzehnte gibt es die Kooperation der siebten Klassen der Hamberger Schule mit der Nabu-Gruppe. Zurück geht die Idee zu dem Projekt auf Röper und Lüken. Die Pflegemaßnahmen erfolgen in enger Absprache mit dem Landkreis Osterholz als Untere Naturschutzbehörde. Sie stellt sicher, dass die Pflegemaßnahmen unter anderem der für das Naturschutzgebiet geltenden Verordnung entsprechen.
Auch Samtgemeinde-Bürgermeister Gerd Brauns war in Stiefeln und mit Säge und Astschere im Heilsmoor unterwegs. Er zeigte sich beeindruckt von der Motivation der Schülerinnen und Schüler. „Die ist super“, so sein Eindruck. Wobei die 13-jährige Lina Fedderwitz den Unterschied zum gewöhnlichen Unterricht darin sieht, „dass wir nicht nur sitzen und schreiben“. Hier arbeite man mit den Händen, ergänzte die 14-jährige Lenja Benz. Die Flächen, die von Bäumen und Gestrüpp befreit werden mussten, hatten jeweils die Größe von zwei bis drei Fußballfeldern.
Beispiel macht Schule
Das Hamberger Beispiel macht Schule. Heinz Freese vom Nabu Osterholz-Scharmbeck und Antje Kappel von der Biologischen Station (Bios) Osterholz hatten sich ebenfalls für das Entkusselungsvorhaben gewinnen lassen. „Wir wollen schon mal Erfahrungen sammeln“, erklärte Freese. Denn ihm zufolge soll es nach dem Hamberger Vorbild eine Kooperation zwischen dem Nabu in der Kreisstadt, der Bios und der Integrierten Gesamtschule geben. Ort der Entkusselung ist das Kiebitzmoor bei Ohlenstedt. Darüber habe man sich auch Anfang der Woche mit der Stadt Osterholz-Scharmbeck einvernehmlich verständigt, berichtete Kappel.
Tilman Scharper ist zufrieden aus dem Springmoor nach Hause zurückgekehrt. „Das ist gut für Umwelt und Natur, was wir getan haben. Das hat Spaß gemacht.“ Wobei der Siebtklässler auch einräumte: „Die Zeit war zu kurz. Zwei Stunden mehr und dafür mit einer Pause wären schön gewesen.“
Quelle:https://www.weser-kurier.de/landkreis-osterholz/landschaftspflege-schueler-helfen-beim-entkusseln-doc7jgorwaamgk1k9v39ftg (erschienen am 04.02.2022).
Quelle: Osterholzer Anzeiger vom 29.01.2022
Entkusseln 2022 – wir können’s noch…
Januar 2021: Trotz vieler Hoffnungen war in diesem Winter das Entkusseln ausgefallen.
Das erste Mal seit Bestehen unseres Patenschaftsvertrages (2003) sind die SchülerInnen des 7. Jahrgangs der KGS Hambergen ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen:
Corona hat uns alle ins Homeschooling verbannt. Zu diesem Zeitpunkt war noch keiner von uns geimpft und das Risiko einer Infektion mit lebensbedrohlichen Folgen viel zu hoch…
Umso wichtiger war es uns, im Januar 2022 zu zeigen: Wir sind noch da und lassen unsere Patenschaft nicht einschlafen!
Inzwischen gab’s Impfungen. Die Omikron-Variante zeigte aber, dass sie diese bereits überlistet hatte. Sie war jedoch nicht mehr so gefährlich: Die Schule blieb offen und die Zusammenarbeit mit „schulfremden Personen“ war unter Einhaltung der 2G+ -Regel wieder erlaubt. Wir waren nicht ganz sicher, als wir im Dezember 2021 an die konkreten Planungen gingen: Ist das Mut oder Leichtsinn, bei steigenden Coronazahlen trotzdem einen Entkusselungs-Einsatz zu planen? Darüber hinaus waren Dezember ‘21 und Januar ‘22 so verregnet, dass über Wochen hinweg kaum Besserung in Sicht war.
Irgendjemand ganz oben meinte es wohl gut mit uns: Am 25. und 26. Januar machte der Regen eine Pause. Bis zu diesem Tag gab es im 7. Jahrgang auch keine Infektionen, die beim Zusammentreffen mit NABU-Mitglieder zur Gefahr geworden wären…
Am 25. Januar waren die Klassen 7.1 und 7.3 im Springmoor: Zwei Gebiete in der Größe mehrerer Fußballfelder wurden regelrecht „blank geputzt“. Unsere SchülerInnen waren hochmotiviert und froh, der Schule mal zu „entkommen“, und auch alle Begleiter vom NABU waren erleichtert, endlich wieder in Sachen Umweltschutz aktiv werden zu können.
Noch dazu kam: Das Springmoor bietet relativ trockenes Gelände, so dass ein Baumraustragen weniger kräftezehrend war als im Heilsmoor.
Damit waren dann am 26. Januar die Klassen 7.2, 7.4 und 7.5 konfrontiert: Tiefe Wasserlöcher und hohe Grasbulten machten das Raustragen der gefällten Bäume ungleich schwerer! Für diese Klassen war nicht das Fällen der Bäume problematisch, sondern garantiert das Raustragen…
Gut gefrühstückt, perfekt angezogen und hochmotiviert(Dank an Eltern und KlassenlehrerInnen!) haben auch diese drei Klassen Höchstleistungen vollbracht – das muss man neidlos anerkennen.
Das war auch gut so, denn seit dem letzten Arbeitseinsatz waren zwei Jahre vergangen und die Kiefern und Birken umso mehr gewachsen. Seitens des NABU Hambergen haben wir 11 „Entkussler“ gezählt.
Hinzu kam die Unterstützung durch den ehemaligen und den neuen Samtgemeindebürgermeister, mindestens 4 Mitstreitern der BIOS OHZ und zwei Mitgliedern des NABU-Ortsverbandes
OHZ. Schön, dass Zusammenarbeit in Sachen Moorpflege so gut funktioniert…
Dabei wären wir eigentlich noch mehr gewesen:
Die ältere Generation unserer NABU-Mitglieder ist in diesem Jahr vorsichtshalber zu Hause geblieben: Trotz Impfung hätte eine Corona-Infektion für sie gefährlich werden können. Deshalb hieß es: Abtauchen und abwarten!
Hoffentlich entwickeln sich die Dinge so, dass wir im nächsten Winter tatsächlich wieder alle wiedersehen – das wäre toll. Für unsere NABU-Mitglieder und unsere Schüler.
Eine gemeinsame Kraft, die schon so viel geschafft und noch mehr vor hat…
Thomas Köhring
KGS Hambergen
Enkusseln 2022 (exe-Datei, 88,2MB)